TANTO-Jitsu


Niden Ryu Tanto-Jitsu

 

 

Bei der Schule des Niden Ryu (仁傳流) Jiujitsu und Kobujitsu handelt es sich um sehr alte japanische, seit ihrer Gründung fortlaufend weitergeführte und überlieferte Kampfkünste, deren Existenz bereits vor nun ungefähr 500 Jahren erstmals schriftlich dokumentiert wurde.

Der Name und auch der philosophische Kern dieser komplexen Stilrichtung basieren auf dem Begriff der „zwei Überlieferungen der einen Lehre“. Der Hintergrund hierfür ist, dass Ende des 19. Jahrhunderts die zwei Kampfkunststile Asayama Ichiden Ryu (淺山一傳流) und Muhi Ryu (無比流) zur Schule des Niden Ryu (仁傳流) zusammengeschlossen wurden. Dies verhalf dieser Schule neben anderem zu einer außergewöhnlich reichen Technik- und Variantenvielfalt, da neben den philosophischen Lehren auch die umfassenden Technikprogramme und Bewegungsformen, und ebenso die diesen Stilen eigenen Stärken und Besonderheiten zu einem neuen Ganzen zusammengeführt wurden.

Was das Technik- und Waffenspektrum angeht, beinhaltet die Schule neben der im Tatsu Tora Kai vorrangig praktizierten Richtung Tantojitsu, dem Kampf mit dem japanischen Dolch, noch Iaijitsu , Kenjitsu , Jojitsu , Таijitsu1 / Jiujitsu1, Hanbojitsu , Kamajitsu , Kumitachi und Hayabusa Jojitsu.

Die Vereinigung der zwei historischen (mittelalterlichen) Schulen Asayama Ichiden Ryu und Muhi Ryu zu einem umfassenden Stil datiert auf den Anfang des Jahres 1870, also in die Zeit direkt nach der Meiji-Revolution. Durch das Zusammenführen und Bewahren der aus beiden Stilrichtungen überlieferten technischen und philosophischen Besonderheiten wurde die Fülle an Bewegungsformen und Techniken besonders üppig und umfangreich. Außerdem gelang es, die Stärken beider Schulen zu betonen und gegenseitig noch zu ergänzen. Damit war es nicht nur möglich, historisches Kulturgut zu erhalten und zu bewahren, sondern auch die Weiterentwicklung der hohen japanischen Kampfkünste fortzusetzen und für die Zukunft zu sichern.

Die philosophischen Komponenten der Schule korrespondieren mit den Lehren von Konfuzius. Der elementare, leitende Gedanke aus beiden Lehren ist, dass, gemäß dem Yin-und-Yang- Prinzip, das Große und das Kleine gemeinsam einen unteilbaren Kern darstellen, der auch von der äußeren, großen Hülle nicht getrennt werden kann.

Der Begriff „Niden ryu“ bedeutet wörtlich etwa „Schule der zwei Stile“. Allerdings wurde statt der eigentlichen Schreibweise in Logogrammschrift, 二 („zwei“), das (phonetisch gleichlautende) Zeichen für „Menschlichkeit“, 仁, gewählt.

Die Menschlichkeit (chinesisch „shen“, japanisch „nin“ oder „ni“) ist einer der grundlegendsten von Konfuzius eingeführten moralischen Begriffe. Darunter wird die Selbstbeherrschung verstanden, die auf Etikette, Fürsorge für Nahestehende, Mitgefühl und dem Verzeihen basiert.

Heute gilt shen als eines der wichtigsten Elemente von bushido , das die Gleichheit aller Menschen und die Einhaltung der allgemein anerkannten, sozialen und dem Gemeinwohl förderlichen Ethik lehrt. Es beinhaltet Mitgefühl, Fürsorge für Nahestehende, Menschenliebe und Güte.

Bei der Ausübung des Niden Ryu ist es für jeden Übenden wichtig und gefordert, der Menschlichkeit eine besondere Bedeutung beizumessen, und sie zu einem bestimmenden Prinzip für den eigenen Charakter zu machen.

Im Februar 2013 unterschrieb Yamaguchi Sensei, welcher die Schulen und Stile des Niden Ryu als Stiloberhaupt leitet, offizielle Verträge zur Zusammenarbeit und Entwicklung der Stile mit der Kokusai Budo Renmei (International Martial Arts Union), vertreten durch deren Präsidenten, Prof. Dr. Dr. Josef Linder. Dabei wurde Herr Prof. Linder zum offiziellen Vertreter und damit zum Repräsentanten aller Richtungen außerhalb Japans ernannt und erhielt auch die Erlaubnis, alle Richtungen der Schule zu unterrichten und im Westen weitere Lehrer für diesen Stil auszubilden. Prof. Linder wurde 2016 zudem das Mokuroku Menkyo Kaiden, die höchstmögliche Graduierung in einem traditionellen japanischen Stil überhaupt, verliehen.

Ebenfalls im Jahre 2016 gründete Yamaguchi Sensei innerhalb des Niden Ryu die Stilrichtung Rindajuku "12". Josef Linder wurde zum Jukucho ernannt, um die Entwicklung der Schule voranzutreiben, ihre Inhalte und Philosophien zu lehren, und außerhalb Japans Prüfungen abzunehmen. Damit liegt hier der einmalige und auch sonst sehr außergewöhnliche Fall vor, dass in einem japanischen Stil ein nicht-asiatischer Meister mit einem eigenen, seinen Namen tragenden Ryu aufgenommen wurde. (Aufgrund der L/R-Problematik in der schriftlichen Wiedergabe enthält dieser Stil nun das Wort „Rinda“ statt „Linder“.)

In Westeuropa wurden im Juli 2017 nach entsprechender Prüfung die ersten offiziellen Vertreter des Niden Ryu Tantojitsu ernannt. Dies waren neben drei Prüflingen aus einem befreundeten österreichischen Verein zwei Danträger des Tatsu Tora Kai, die seitdem regelmäßig Niden Ryu Tanto Jitsu – Training im Tatsu Tora Kai anbieten.

 
Fußnoten:
12 Das Rindajuku ist eine anerkannte, neue innere Niden Ryu -Stilrichtung. Verbildlicht man das Niden Ryu als Baum, so stellt das Rindajuku einen neuen Ast am Stamm des Niden Ryu dar.
13 Tanto: japanischer Dolch; das Tantojitsu ist eine Gruppe innerhalb des Niden Ryu, die sich mit der Waffenkunst mit dem Tanto befasst.